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EXPERTENINTERVIEW

Nachhaltiger Beton:
Ansätze zur CO₂-Reduktion

Da durch den im Beton enthaltenen Zement große Mengen an CO2 freigesetzt werden, arbeitet man in der Branche an der Reduktion dieser Belastung. Wie es um diese Weiterentwicklung derzeit steht, erfahren wir im Interview mit Gernot Tritthart

 

Frage: Beton ist für die Bauwirtschaft ein unersetzbarer Werkstoff, so kann er nur bedingt durch andere Baustoffe ersetzt werden. Er hat jedoch einen erheblichen Einfluss auf die CO2-Bilanz von Bauwerken. Welche Ansätze können verfolgt werden, um die Umweltbelastung von Beton zu verringern?

Antwort: Betrachtet man die weltweiten CO2 Emissionen, sind Bauwerke für etwa 38% aller Emissionen verantwortlich, der Betrieb, sprich Heizen und Kühlen, ist für rund 70% verantwortlich. Bei dieser gesamtheitlichen Betrachtung des Lebenszyklus von Bauten mit zusätzlichem Blick auf die Wiederverwertung, wirkt die CO2 Emission aus der Zement- beziehungsweise Klinkerproduktion negativ, jedoch werden beispielsweise durch die Langlebigkeit, thermische Aktivierbarkeit für das Heizen und Kühlen, laufende CO2 Einbindung (sog. Karbonatisierung) und Kreislauffähigkeit erhebliche CO2 Mengen verhindert und gebunden.

Bei einer fairen und wissenschaftlichen Betrachtung wäre Beton schon heute der universellste und nachhaltigste Baustoff. Man könnte sich also zurücklehnen und diese Position genießen. Allerdings ist das nicht unser Ansatz, denn gerade die CO2 Emission der Klinkerproduktion muss minimiert, eingefangen beziehungsweise genutzt werden. Damit sind unsere nachhaltigen Kernaktivitäten im Zementwerk angesprochen. Laufende Energieeffizienzmaßnahmen, alternative Rohmaterialien aus der Kreislaufwirtschaft, der Einsatz modernster Mahltechnologien und die Suche und Entwicklung von leistungsfähigen, verfügbaren Klinkerersatzstoffen helfen uns, CO2 zu minimieren. Letztlich werden wir aber auch Carbon Capture Maßnahmen umsetzen müssen, denn die Klinkersubstitution hat ihre Grenzen.

F: Wie weit kann man, Ihrer Einschätzung nach, den Klinkeranteil bei Zement – bei gleichbleibenden Eigenschaften – reduzieren? Und welche Auswirkungen hat das auf die CO2-Bilanz von Beton?

A: Einfach betrachtet unterscheidet man Frisch- und Festbetoneigenschaften. Dazwischen liegen Abbinde- und Erhärtungsphasen. Reduziert man Klinker, beeinflusst man viele Parameter, die für die Beteiligten – im wesentlichen den Betonproduzent, die Baufirma und die Bauherren – Auswirkungen in Abhängigkeit von der Anwendung und der Jahreszeit haben können.

Während im Transportbeton bereits Klinkergehälter von etwa 50% ohne wesentliche Auswirkungen bei moderaten Witterungsbedingungen praxistauglich zum Einsatz kommen, müsste man im Fertigteil- oder Trockenmörtelwerk darauf Rücksicht nehmen. Wetterextreme, die im Fertigteilwerk zumeist keine Rolle spielen, stellen den Transportbeton sowohl im Sommer als auch im Winter vor Herausforderungen.

Klinker ist eine sehr robuste und fehlerverzeihende Zementkomponente, die die Baupraxis letztlich verwöhnt. Reduziert man Klinker, werden die Systeme sensibler. Mit nötigem Fachwissen, Verständnis und Sorgfalt ist das durchaus beherrschbar, wobei auch der Bauchemie zukünftig sicher eine noch wichtigere Rolle zukommen wird. Mit dieser Herangehensweise könnten wir künftig Klinker reduzieren. Grundvoraussetzung ist, dass genügend Klinkerersatzstoffe verfügbar sind. Das ist und wird die größte Herausforderung und Limitierung, die wir aus heutiger Sicht sehen.

Heute steht die österreichische Zementindustrie bei etwas unter 70% Klinkergehalt. Läge dieser Wert bei 50%, wie bei einem CEM II/C, würde sich die Emission um grob 30% verringern. Bezogen auf einen m³ Beton und nur den Input aus dem Bindemittel, käme man Richtung 100 kg CO2/m³.

F: Welchen Einfluss werden CEM II/C Betonsorten auf die Taktung und Geschwindigkeit von Baustellen haben?

A: CEM II/C Zemente werden im Hochbau zum Standard und zwar dann, wenn der Zementproduzent entsprechende Festigkeitsklassen durch den Einsatz von modernsten Mahltechnologien erreicht. Wir gehen daher davon aus, dass Taktung und Geschwindigkeit unverändert bleiben. Jedoch wird die Baufirma zum anderen hinsichtlich Nachbehandlung und Schutz des jungen Betons gefordert werden. Gemäß bestehender Norm muss jeder Beton auch heute schon ordentlich nachbehandelt werden. Das ist in jeder Ausschreibung enthalten. Diese Maßnahmen sind aber für Baufirmen intensiv und teuer. Die aktuell eingesetzten Zemente sind aufgrund entsprechender Klinkergehälter fehlerverzeihender. Daher fallen fehlende Nachbehandlungen heute noch nicht so sehr ins Gewicht.

F: Wie kann erreicht werden, dass umweltschonende Betonsorten flächendeckend eingesetzt werden und wer muss den Impuls dazu geben?

A: Das wird durch die EU-Taxonomie vorangetrieben und relativ schnell kommen. Dabei geht es nicht um Beton, sondern um den Einsatz von Zementen. Dafür ist bereits ein Schwellenwert von 469 kg CO2/t (SGross, Scope 1) festgelegt worden. Diesen Wert erreichen gut optimierte CEM II/B Zemente –  CEM II/C Zemente mit hoher Wahrscheinlichkeit. Die EU Taxonomie betrifft fast alle Baubeteiligten. Dadurch wird jeder versuchen beziehungsweise sogar gezwungen werden, CO2 minimierte oder reduzierte Systeme zu produzieren und zu verwenden. Ignoriert man diese Umstände, werden die finanziellen Auswirkungen enorm und die Existenzfrage wird gestellt werden. Parallel dazu ist es aber unsere Verpflichtung, so rasch wie möglich zu dekarbonisieren und weiterhin praxistaugliche Produkte und Lösungen anzubieten. Entsprechende Kommunikation und Promotion werden die Transformation zusätzlich antreiben, da Bauherrn und Planer viel sensibler und aufgeklärter an Bauvorhaben herangehen werden.

F: Wie lange wird es Ihrer Einschätzung noch dauern, bis sich die Technologie am Markt etabliert?

A: Das wird in den nächsten ein bis drei Jahren erfolgen. Der Emissionshandel wird ab 2026, zuerst etwas moderat, aber ab 2028 bis 2034 dramatisch verändert. Zu diesem Zeitpunkt müssen wir schon über „CEM II/C 2.0“ nachdenken, wo wir heute noch tief in den Grundlagenforschungen stecken. Wir haben keine Zeit für zaghaftes Vorgehen. Mut, Innovationskraft, Aufgeschlossenheit, Verantwortungsbewusstsein und Expertise sind gefordert – von allen Beteiligten. So werden wir diese Herausforderung sicher meistern.

 

 

Über Gernot Tritthart
Gernot Tritthart arbeitet als Sales- und Marketingdirektor  bei der Holcim Österreich GmbH. In den über 25 Jahren im Unternehmen hat er sich ein enormes Expertenwissen in den Bereichen Beton und Zement angeeignet.

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